Das Bundesmodellprojekt
(Laufzeit: 01. September 2018 bis 28. Februar 2022)
"TANDEM – Besondere Hilfen für besondere Menschen im Netzwerk der Behinderten- und Suchthilfe" ist durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Die Projektkoordination obliegt der LWL-Koordinationsstelle Sucht, die wissenschaftliche Evaluation übernimmt die FOGS GmbH. Ebenso wird das Projekt durch einen Fachbeirat begleitet.
Um Menschen mit geistiger Behinderung und Suchtproblematik eine adäquate Unterstützung anbieten zu können, müssen die Hilfeangebote und Präventionsangebote bedarfsgerecht ausgestaltet sein. Zentral ist dabei die Vernetzung der Behinderten- und Suchthilfe.
Hier setzt TANDEM konkret an: Jeweils eine Einrichtung der Sucht- und Behindertenhilfe agieren gemeinsam als Projekttandem. Die Fachkräfte werden in der Anwendung ausgewählter Hilfsangebote geschult und setzen diese an ihrem Projektstandort gemeinsam um. Es werden zwei bereits erprobte Konzepte aus den Niederlanden (das Screeninginstrument „SumID-Q“ und das verhaltenstherapeutische Programm „Less Booze or Drugs“) adaptiert und durch das von der LWL-KS entwickelte selektive Suchtpräventionsprogramm „SAG NEIN!“ ergänzt. Das Projekt wird an insgesamt drei bundesweiten Modellstandorten von jeweils einer Einrichtung der Sucht- und einer Einrichtung der Behindertenhilfe umgesetzt.
Die Materialien sowie deren Umsetzung werden jeweils auf deutsche Verhältnisse und unterschiedliche Settings der Sucht- und Behindertenhilfe angepasst und im Projektverlauf gemeinsam mit allen Projektbeteiligten gender- und zielgruppengerecht weiterentwickelt. Menschen mit geistiger Behinderung werden an der (Weiter-)Entwicklung der Maßnahmen beteiligt.
Darüber hinaus werden weitere bereits bestehende Präventions-, Beratungs- und Behandlungsangebote für Menschen mit geistiger Behinderung und Suchtproblemen systematisch erfasst und im Kontext dieser Online-Datenbank bereitgestellt.
Das AWO-Modellprojekt
(Laufzeit: Oktober 2009 bis Juni 2013)
Im Rahmen der Ambulantisierung ziehen in den letzten Jahren mehr Menschen mit geistiger Behinderung aus vollstationären Einrichtungen (wie z.B. Wohnstätten, Außenwohngruppen) oder aus ihrem Elternhaus in weniger umfassend betreute Wohnformen. In diesen Wohnformen bekommen sie in der Regel deutlich weniger Unterstützung als im stationären Wohnbereich oder Elternhaus. Damit einhergehend steigen die Anforderungen an diese Personengruppe deutlich an. Die Aufgaben, die sie allein oder mit weniger Unterstützung bewältigen müssen, nehmen deutlich zu.
Durch die veränderte Wohnform gewinnen Menschen mit geistiger Behinderung einerseits an Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Andererseits nehmen in Folge dessen auch Risiken, die durch mehr Freiheit und Unabhängigkeit entstehen können, zu. Ein sehr ernst zu nehmendes Risiko ist die Entwicklung von Suchtmittelkonsum. Suchtproblematik bei Menschen mit geistiger Behinderung war lange Zeit kein Thema in der Behinderten- und in der Suchthilfe. Hinweise aus beiden Arbeitsbereichen zeigten jedoch auf, dass sich Suchtmittelkonsum in dieser Personengruppe manifestiert. Über Prävalenz und Auswirkungen des Konsums lagen kaum gesicherte Daten vor. Aus diesem Grund wurde das „Modellprojekt Vollerhebung Sucht und geistige Behinderung in NRW“ konzipiert.
Ziele des Modellprojektes
Im „Modellprojekt Vollerhebung Sucht und geistige Behinderung“ wurde ermittelt
- ob Menschen mit geistiger Behinderung Suchtmittel konsumieren,
- welche Suchtmittel sie konsumieren,
- ob es in dieser Personengruppe Folgeprobleme durch den Suchtmittelkonsum gibt,
- wo in NRW bereits Hilfsangebote für Menschen mit geistiger Behinderung und Suchtproblematik bestehen,
- welche Bedarfe aus Sicht der Befragten bestehen.
Die Vollerhebung
Die Untersuchung der Prävalenz von Suchtmittelkonsum bei Menschen mit geistiger Behinderung erfolgte im Rahmen einer Vollerhebung. Die Vollerhebung richtete sich an alle Einrichtungen der Behindertenhilfe und Suchthilfe in NRW und wurde als quantitative Online-Befragung im Zeitraum vom Mitte Januar bis Ende März 2011 anonym durchgeführt. 895 Fragebögen wurden ausgewertet; davon kamen 780 aus Einrichtungen der Behindertenhilfe und 115 aus Einrichtungen der Suchthilfe.
Ergebnisse der Vollerhebung zeigen auf, dass sich in der Personengruppe „erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung“ sowohl unproblematische und problematische Konsummuster als auch Suchtmittelabhängigkeit in Bezug auf legale und illegale Drogen manifestieren. Des Weiteren besteht innerhalb Einrichtungen der Sucht- und Behindertenhilfe Fortbildungsbedarf zum Thema „Sucht bei Menschen mit geistiger Behinderung“. Ebenfalls ist das Angebot an therapeutische und präventive Maßnahmen, die sich an den Bedarfen dieser Zielgruppe orientieren, noch unzureichend.
Die Datenbank
Während des Modellprojektes wurde diese Internetdatenbank konzipiert. Sie bietet Einrichtungen der Behinderten- und Suchthilfe die Möglichkeit, ihre Hilfeangebote für Menschen mit geistiger Behinderung (und Suchtproblematik) in die Datenbank einzupflegen. Die Datenbank bietet die Möglichkeit sich über (präventive) Hilfsangebote für Menschen mit geistiger Behinderung (und Suchtproblematik) zu informieren.
Zusätzlich zur quantitativen Online-Befragung wurden mit 100 Menschen mit geistiger Behinderung Interviews geführt.
Der Abschlussbericht
Den Abschlussbericht "Prävalenz von Suchtmittelkonsum bei Menschen mit geistiger Behinderung in Nordrhein-Westfalen" - Ergebnisse einer Vollerhebung in Einrichtungen der Behinderten- und Suchthilfe und Ergebnisse von Klient:inneninterviews stellen wir Ihnen hier gerne als kostenlosen Download bereit:
Rahmenbedingungen des Modellprojektes:
Projektdauer: Oktober 2009 bis Juni 2013
Seit Projektende ist die Datenbank beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe, LWL-Koordinationsstelle Sucht verortet.
Projektträger:
AWO Unterbezirk Ennepe-Ruhr
Neustraße 10
58285 in Gevelsberg
Projektleitung:
Marja Kretschmann-Weelink
Wissenschaftliche Begleitung:
Katholische Hochschule NRW
Abteilung Paderborn
Prof. Dr. Dr. Martin Hörning
Das Modellprojekt wurde durch die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW gefördert.